Mit dem Nachtzug sollten wir die Distanz Ha Noi-Hue zurücklegen - in 13 Stunden.
Kurz nach Betreten des Zuges war klar, dass wir Abenteuer gebucht hatten. Unsere gute Dame vom Hotel die uns den Zug gebucht hatte, verkaufte uns das Ticket mit den Worten: Schnellzug, sehr komfortabel im Vergleich zu den anderen! Ich würde den Zug beschreiben mit den Worten: Komfort wie in den 70ern und aus dem Museum entlaufen :-) unser 2x2m Abteil, teilten wir mit einem älteren Ehepaar aus Deutschland. Es hätte schlimmer kommen können.
Wobei ich nachts geträumt habe dass sie uns betäuben und ausrauben, frei nach dem Motto "es machen immer die, von den man es am wenigsten erwartet". Das Schlimme an so einem Traum ist, das wenn man aufwacht denjenigen mit anderen Augen sieht. So habe ich jede seiner Bewegungen im Halbschlaf wahrgenommen und geprüft ob es der Beginn eines Übergriffes sein könnte. Das alles waren natürlich nur Hirngespinste (ich sollte meinen Medienkonsum überdenken, vor allem die Bücher während der Reise) und es war nur ein Ehepaar, was wie wir von nach A nach B wollte.
Die ersten 1 1/2 Stunden tauschten wir Reiseerfahrungen aus ehe wir mal wieder auf die Dienste des iPad zurückgriffen. Ich habe mir auch hierzu Gedanken gemacht und habe mir überlegt, mich mit einem selbst gedrehten Werbespot bei Apple zu bewerben, in dem wir das iPad zeigen wie es uns solche Momente versüßt. Als Szenen wären da im Angebot: Board-Entertainment-Ersatz bei LH-Flügen, ein Tag auf nem Flughafen und eine Nacht im Zug. Und ich denke das war nicht das letzte mal während unserer Reise.
Jetzt wo ich die Zeilen schreibe, wird mir klar dass wir zwei Kameramänner und einen Video-Cutter auf der Reise kennengelernt haben. Wenn das kein Zeichen ist!
Dann ging es ans Schlafen. Hier sollten zum ersten Mal in diesem Urlaub unsere Seidenschlafsäcke zum Einsatz kommen, da Bettlacken und Bettwäsche wenig vertrauenserweckend aussahen.
Wir hatten extra wenig getrunken, so dass wir die Toiletten so wenig wie möglich aufsuchen mussten. Das war eine gute Strategie, allerdings hatten wir die Rechnung ohne das Gerüttel vom Zug gemacht, das sich ebenfalls negativ auf die Blase auswirkt :-(
Geschlafen haben wir dann trotz schlechter Träume eigentlich recht lange und wieder Erwartens gut.
Als Nachtrag: Die Nicht-Komfort Plätze im Zug wären dann 6 Personen im Abteil, sprich in den 2x2m, gewesen. Das wenn wir es nicht selbst gesehen hätten, unvorstellbar gewesen wäre, hatten wir so schon kaum Platz für uns und unser Gepäck.
In Hue angekommen, gönnten wir uns nach dem Check-In erst mal eine Dusche, ehe wir mit Frühstück und einem "Orts-Übersichts-Spaziergang" weiter machten. Wenn wir ehrlich sind, hatten wir einen schönen Durchhänger und schleppten uns durch den Tag und von Café zu Café. Muss auch mal sein.
In einem dieser Café's wurden wir plötzlich mit dem unverwechselbaren Wiener-Dialekt von Christian angesprochen. Mit Christian haben wir die Zeit während der Halong Bay Tour verbracht und uns gut verstanden. Ihm sagten wir vor nicht ganz 24 Stunden "Servus" und haben ja schon fest damit gerechnet, dass wir uns sowieso wieder treffen, hatten wir doch einfach schon zu viele kuriose Wiedersehen auf der Reise erlebt. Und nun stand er bei uns am Tisch. Natürlich waren wir nicht verabredet und haben uns bei den hunderten von Café's in Hue genau das ausgesucht, wo er sein Gepäck zwischengelagert hat. So ist das eben, wenn das Schicksal einen Plan hat.
Am Abend wurde die Schönheit der Stadt erst wirklich sichtbar. So wurden die vielen kleinen Bars und Restaurants alle toll ins Licht gesetzt und es kam einem alles sehr warm und gemütlich vor. Das alles hat Christian verpasst, da er schon wieder im Bus nach Hoi An saß. Ebenfalls unsere nächste Station...
Am nächsten Tag ging es in die Kaiserstadt und Verbotene Stadt. Ein weiteres Weltkulturerbe auf unserer Reise. Hier endete 1945 die Regentschaft der Nguyen-Dynastie, als der letzter Kaiser Bao Dai seine Insignien an Ho Chi Minh übergab. Früher war dieser Bereich nur dem Kaiser und seinem Gefolge zugänglich. Der Name stammt aus der chinesischen Astrologie, wo es im Himmel einen "purpurnen Bereich" gibt, an dem der Polarstern steht - eine Metapher für die Stellung des Kaiser als unverrückbarer Herrscher des Himmels auf Erden. Das waren noch Zeiten damals :-)
Das aufregende war in diesem Fall nicht die tolle Anlage, sondern der Weg dorthin. So hatten wir heute morgen beim Frühstück die verrückte Idee, einen Scooter zu mieten und damit unsere Tagestour zu machen. Also rauf aufs Zweirad und rein ins Getümmel. Links, rechts überholen und überholt werden und aufpassen auf alles was quer meint die vollen Strassen überqueren zu wollen. Mein Motto: leben und leben lassen. Es war ein Akt der Konzentration aber ist ohne Verletzte oder Verletzungen ausgegangen.
Nach unserem zweistündigen Rundgang durch die Kaiserstadt, entschieden wir uns das 6 km entfernte Grab von Tu Duc uns anzuschauen. Er verfasste während seiner Amtszeit (1847-1880) rund 4.000 Gedichte, während die Franzosen ins Land einfielen und die Regentschaft in den 80ern beendeten. Komischer Typ, hätte er mal lieber den Franzosen die Butter von Baguette genommen, statt zu schreiben. Dafür hat er sich eine schön angelegte Grabstätte errichtet und es sich mit seinen über 100 (!) Konkubinen (http://de.wikipedia.org/wiki/Konkubinat) gemütlich gemacht.
Danke für die schönen Reiseberichte, lese ich immer wieder gerne! Ist mal etwas anderes als unser graues Winterwetter hier. viel Spass noch, schöne Grüsse Suitbert
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